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Aus Abschiebehaft in den Tod

Tödlicher Fluchtversuch eines mongolischen Abschiebehäftlings aus einem Krankenhaus war der Berliner Polizei keine Nachricht wert. Grüne fordern Ende der Abschiebehaft

BERLIN taz/ddp Bereits am Mittwoch vergangener Woche ist ein Mongole aus dem Berliner Abschiebegewahrsam bei einem Fluchtversuch ums Leben gekommen. Weder die Berliner Innenverwaltung noch die Polizei hatten den Tod des Flüchtlings gemeldet. Der Fall wurde erst gestern durch die Antirassistische Initiative Berlin bekannt gemacht.

Das sei nichts Besonderes, erklärte Pressesprecher Stefan Paris von der Berliner Innenverwaltung gestern: "Wir sind nicht verpflichtet, Einzelfälle zu veröffentlichen und wägen jeden Fall einzeln ab." Da die Staatsanwaltschaft noch ermittle, habe man sich gegen eine Veröffentlichung entschieden. Eine Vertreterin der Berliner Antirassistischen Initiative bezeichnete die Geheimhaltung als einen Skandal und sprach von politischer Verschweigungstaktik. Der Mongole war am Abend vor dem tödlichen Unfall vom Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick mit dem Verdacht auf eine Magen-Darm-Blutung in das Krankenhaus des Roten Kreuzes im gleichen Stadtteil eingeliefert worden. Zwei Beamte bewachten sein Zimmer im siebten Stock. In der Nacht versuchte der Flüchtling sich mit verknoteten Bettlaken von seinem Fenster abzuseilen und stürzte dabei ab. Das Krankenhaus hatte dem Unglücksfall offenbar mehr Bedeutung beigemessen als die Innenverwaltung und bereits eine eigene Pressemitteilung vorbereitet. Diese wurde aber nicht herausgegeben, da die Polizei die Öffentlichkeit nicht informiert hatte und daher kein Journalist nachfragte.

Die Berliner Grünen forderten aus Anlass des Unglücks erneut ein Ende der Abschiebungen ausländischer Häftlinge. Der Tod des 28-jährigen Mongolen müsse den Senat zur Besinnung bringen, sagte der Ausländersprecher der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus Hartwig Berger. Wer von Rassismus spreche, dürfe über Abschiebehaft nicht schweigen. "Es ist grausam, Menschen monatelang in Abschiebehaft zu stecken, die sich keiner kriminellen Handlung schuldig gemacht haben", betonte Berger.

Der Abschiebegewahrsam in Berlin-Köpenick ist in den vergangenen Monaten immer wieder von Menschenrechtsinitiativen, antirassistischen Gruppen und Politikern der Grünen und der PDS kritisiert worden. Es würden dort menschenunwürdige Zustände herrschen. Wiederholt kam es in dem Gefängnis zu Hungerstreiks der Inhaftierten.

R. GEISSLER/I. GEGNER


taz Nr. 6241 vom 9.9.2000 Seite 6 81 Zeilen
TAZ-Bericht R. GEISSLER / I. GEGNER

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